Die Tinderella Story – Wie Alles begann …

Es war einmal … der Anfang einer wundervollen Geschichte von zwei Menschen die in der Vergangenheit oft enttäuscht wurden und nicht für möglich gehalten haben, was im Leben so alles passieren kann und, dass das Schicksal nicht nur ein mieser Verräter sein kann, sonderen auch ein sonderbarer Freund der einen auf undurchsichtigen Pfaden, schlussendlich doch ans lang ersehnte Ziel bringt …

Diese Geschichte möchte ich heute anfangen zu erzählen. Sie wird wachsen wie ein Pflänzchen im Frühling, mal mehr und schneller, mal weniger und langsamer, doch wachsen wird sie, wie die Liebe von der diese Geschichte erzählt …


„Es ist nur ein Versuch“ sagte sich Joachim. „Nein, es ist eine Chance!“ motivierte er sich, als er die App auf sein Mobiltelefon herunterlud und installierte.

Es war schon viel zu lange her, dass er einer Frau begegnete die sein Interesse wecken konnte. Eine Frau, die durch die ganzen Oberflächlichkeiten ihrer Welt, jene Dinge durchblicken ließ, die für ihn bei einer Frau wirklich wichtig waren. Intelligenz und Ausdruck, aber auch diese Aura, auf Bildern nur schwer zu erkennen, doch bei persönlichem Kontakt, Beine zu Gummi mutierend und zeitgleich ein Gefühl der Schwerelosigkeit vermittelnd, einen Mann auf die schönste Art und Weise in den Bann ziehen.

Die Hoffnung genau auf diesem Wege auf die Person seiner geheimsten Wünsche zu treffen, schien ihm doch recht Aussichtslos, zumal er den Glauben, dass es so eine Person überhaupt geben mag, schon begraben hatte. „Doch was ist wenn ich mich irre …?“, fragte er sich.

Doch sein Telefon ließ ihm keine Chance. Die Installation der App war gerade fertiggestellt, was das Telefon durch kurze Vibration und ein Popup zurückmeldete. Nervös tippte Joachim auf das neue Icon auf dem Display.

Joachim war ein großgewachsener Gentleman, humorvoll, wortgewandt und weil er beruflich viel Zeit mit dem PC verbringen musste, vermied er den Kontakt zu den elektronischen Spielereien so gut es eben ging. Genau so sollte es nachher auch in seinem Profil stehen. Nicht in diesem Wortlaut, aber in dieser Bedeutung.

Noch bevor er jedoch irgendwelche Angaben zu sich selbst machen konnte, zeigte ihm dieses Wunderwerk an ausgeklügelter Programmiertechnik, mit seinen im Hintergrund werkelnden Strukturen und Weisheiten, den ersten vermeintlich für ihn passenden Vorschlag auf dem Display seines Telefons.

„Die kenne ich doch …!“, dachte er sich.

Joachim lief es kalt den Rücken hinunter. Das Kribbeln zog sich bis nach vorne in die Magengrube. Es war jedoch nicht eines von dieser angenehmen Sorte.

Er sah auf seinem Handy eine Geschäftspartnerin, eine Kundin seiner Firma in der er arbeitete.

Er betrachtete das Foto näher. Die Frau auf dem Bild war herausgeputzt, ja fast aufgedonnert. Einzig der Blick und der Ausdruck in den Augen ließen darauf schließen, dass irgendwas nicht ganz stimmte. In den vielzähligen Meetings bekam man zwangläufig das Gefühl, dass diese Person mit sich selbst nicht zufrieden schien und dies auch unverhohlen nach außen trug. War hier ihr Wesen zu erkennen. War sie privat auch der Mensch, der sie beruflich vorgab zu sein? Nicht das diese Frau Joachims Typ gewesen wäre. War sie nicht. Er musste jedoch seinen Plan, die drei schönsten Bilder mit seinem gewinnenden Lächeln ins Profil zu stellen und somit seine Chance, seinen Marktwert zu erhöhen, wieder verwerfen.

„Was nun? …“, fragte er sich.

Das zweite Bild auf dem Profil und auch die weiteren drei waren Blumen und Landschaften. Scheinbar ein paar Schnappschüsse aus dem letzten Urlaub.

„Das könnte ich auch versuchen.“, war kurz sein Gedanke, „Wie gebe ich mich jedoch auf solchem Bildern eindeutig als Mann zu erkennen?“, fuhr er seinen Gedanken fort.

Beim Stöbern nach prägnanten Statements im Internet fand er es. Ein Bild einer Zeichnung, halb Hirn, halb Glühbirne und dem Slogan „Benutze es …“, sollte den Wunsch Joachims nach einer ebenso sapiosexuellen Frau verstärkten. Ein paar weitere Bilder mit markanten Sprüchen sollten das Interesse noch zusätzlich wecken.

Nachdem er nun das Profil eingerichtet hatte, vergingen ein paar Tage bis die ersten Matches in der Liste eintrudelten. Die Ernüchterung war jedoch groß. Nach zwei eindeutigen Nachrichten die darauf schließen ließen, dass hier auch Escort Damen ihre Plattform gefunden haben und drei weiteren Nachrichten in denen klar ersichtlich war das diese Damen wohl ihr Profil nicht selbst ausgefüllt haben, was durch die Angabe einer rumänischen Mailadresse noch verstärkt wurde, war die Motivation schon fast im Keller.

Zwei weitere Damen, die mit dem Begriff sapiosexuell in keinster Weise in Verbindung zu bringen waren, taten ihr Übriges. Dieser Ernüchterung geschuldet, startete Joachim diese App nur noch unregelmäßig und machte sich immer weniger Hoffnung hier eine Frau zu finden, mit der er bereit gewesen wäre eine Beziehung einzugehen. Leider blieben in der heutigen Zeit, mit Lockdown und Kontaktbeschränkung nicht viele andere Möglichkeiten mit Menschen in Kontakt zu treten.

Nachdem Joachim wieder einmal ein Wochenende seinen üblichen Beschäftigungen nachging, während seine Freunde mit ihren Partnerinnen Ausflüge im Rahmen der zugelassenen Möglichkeiten planten, dachte er schon fast nicht mehr daran das er auch mal wieder die Chance bekommen könnte dies auch zu erleben. Gut, früher, ohne die Beschränkungen, schloss er sich manchmal solchen Ausflügen an, wenn diese nichts zu partnerschaftlich Intimes auf der Agenda hatten. Dieses Wochenende war er jedoch allein. Nichtsahnend was am Wochenbeginn darauf passieren würde.

Am Montag in der Früh weckte ihn in gewohnter Hartnäckigkeit sein Wecker. Laut seinem Terminkalender würde er heute wieder auf die Person treffen die er in der kürzlich installierten App als erstes erblicken durfte. Drei weitere Male wurde sie ihm seit dem ersten Mal von der App wiederholt vorgeschlagen. Jedes Mal benötigte Joachim nur Sekundenbruchteile um auf das rote X zu drücken. Wie würde er ihr wohl heute gegenüber treten, jetzt wo ihm bewusst wurde das auch diese Person Sehnsüchte zu haben scheint.

„Nein …“, sagte sich Joachim, “ … wir bringen dieses Projekt gemeinsam auf geschäftlicher Ebene zu Ende und das war’s!“.

Doch den Blick in seinen Terminkalender und die darauffolgenden Gedankengänge fiel ihm auf, dass er diese App schon eine ganze Weile mit Missachtung gestraft hatte. Also nahm er seinen Kaffee und sein Telefon, setzte sich aufs Sofa und startete die App. Der Bildschirm flackerte auf und das Wohnzimmer wurde kurz erleuchtet, wie er sonst nur durch Blitze eines entfernten Gewitters erleuchtet werden würde. Doch es war zwar trüb an diesem Morgen, jedoch schien draußen alles trocken zu sein und von einem anbahnenden Gewitter keine Spur.

Er nahm noch kurz einen Schluck von seinem Kaffee, und sein Blick wanderte wieder von der Mitte des Raumes hinunter auf das hell erleuchtete Display. Er sah ein äußerst attraktives Lächeln einer wunderschönen jugendlichen Frau in kurzen Hosen und T-Shirt, einen Rucksack über den Schultern tragend und sich an einen schrägen, dicken Ast eines Baumes klammernd. Je länger er auf das Bild schaute desto attraktiver fand er das Lächeln, die Aura die es umgab und die gesamte Ausstrahlung schien ihn magisch anzuziehen.

Dieses hübsche Gesicht, vermittelte so viel Wärme und dieses angenehme, ungespielte, natürliche Lächeln, so deutlich zu erkennen, was ihm sofort ein wohliges Gefühl vermittelte. Unterstrichen wurde das Bild von einem Profiltext der so einfach war, aber schöner nicht formuliert und ausgedrückt hätte werden können. „Ich freue mich darauf, Deine Bekanntschaft zu machen“, ein zweiter Satz darunter in kyrillischen Buchstaben, schien die Übersetzung in russischer Sprache zu sein. Joachims Interesse war mehr als nur geweckt und es gab auch noch ein weiteres Bild zu entdecken. Das würde sicher reichen für eine Entscheidung, die insgeheim jedoch schon feststand, denn eigentlich hatte ja bereits dieses Lächeln gereicht, doch war Joachim von der Neugier gepackt was es noch weiter zu entdecken gab.

Das zweite Bild war etwas verschwommen, aber man konnte dennoch alles erkennen. Kristina stand vor einem weißen Regal mit Büchern, jedoch in einer Pose, die an eine Sportübung erinnerte. Wollte sie damit ausdrücken das sie sehr belesen ist, oder wollte sie damit die sehr sportliche Figur, die sie auf dem ersten Bild zeigte und offensichtlich besaß, unterstreichen? Nun, dachte sich Joachim, vielleicht bekomme ich die Chance, sie das persönlich zu fragen. Er betrachtete das Bild weiter. Was Joachim vermisste, war dieses Lächeln von dem Bild zuvor. Der Ausdruck war etwas nachdenklicher, doch war trotzdem ein Strahlen zu erkennen. Dieses Strahlen der Aura, die manche Menschen umgibt, fast nie, oder nur schwer auf Bildern zu entdecken, hier aber trotzdem ganz klar zu sehen. Was noch zu sehen war, ist ein Blick in die wunderschönen blauen Augen, die zu einem Sprung in ihre ungeahnten Tiefen einluden. Diese Frau lies so viel Anmut und Schönheit auf Ihrem Bild versprühen, dass in Joachims Kopf eine Achterbahn ihre Runden zu drehen schien. Das war also Kristina. Den Namen bemerkte er erst jetzt als er langsam wieder seine Gedanken sammelte. „Kristina“, er lächelte als er auf das grüne Herz drückte.

Joachim erschrak ein bisschen als der Bildschirm erneut zu flackern begann. Kurz dachte er noch, „was ist jetzt …?!“, doch noch bevor er den Gedanken zu Ende führen konnte, lieferte ihm sein Telefon die Antwort.

„MATCH“, stand da in großer Schrift und das Profilfoto von Kristina wurde ihm angezeigt.

Was man nach dem Liebesspiel mit einer Frau tunlichst vermeiden sollte, nämlich die Beckerfaust zu recken, konnte sich Joachim nun nicht verkneifen.

Erleichtert sank Joachim in die Sofakissen zurück, während er nochmal genüsslich an seinem Kaffee trank und in seinem Kopf sich nochmal das Bild von Kristina umherschwebte. Er begann sich in einem Tagtraum zu verlieren, als ihn die Glocken der Kirchturmuhr, jäh aus diesen Träumen rissen und ihn daran erinnerten, dass es spät geworden war und er sich tunlichst auf den Weg zur Arbeit machen sollte. Eigentlich wollte er sofort schreiben, aber es war ihm wichtig dies nicht schnell und in großer Eile zu tun, sondern er wollte sich die Zeit nehmen die Worte, für eine großartige Frau wie es Kristina zu sein schien, gebührend zu wählen. „Ich glaube, sie wird mir verzeihen, wenn ich erst in ein paar Stunden zurückschreibe!“, sagte er zu sich und hoffte wirklich, dass es so sein würde.

Der Tag fühlte sich nun wahrlich gut an und in Joachims inneren begann ein Stück weit die Sonne zu scheinen. Joachim verharrte trotzdem noch eine Minute in dieser Position mit einem Lächeln, das den Sonnenaufgang in seinem inneren vermuten ließ, bevor er sich aufmachte seine tägliche Routine fortzusetzen und in die Arbeit zu gehen. Die ersten Stunden verliefen gewöhnlich unspektakulär doch durch seine Beschwingtheit, den positiven Erlebnissen in den Morgenstunden geschuldet, viel leichter von der Hand.

Auch das Meeting mit der Kundin, die sich in dieser App anpries, verlief reibungslos und viel gelöster als sonst. Ein leichtes Vibrieren in seiner Hosentasche, in der sich sein Telefon befand, kündigte mehrmals das Eintreffen neuer Nachrichten und Mails an. Joachim riss sich zusammen nicht während des Meetings hervorzukramen und die Nachrichten zu lesen. Vielleicht hat Kristina die Initiative ergriffen und schon auf unser Match eine Nachricht verfasst. „Ich hätte doch nicht warten sollen mit der Nachricht!“, dachte er sich und wurde mit fortschreitender Stunde sichtlich nervöser. Kurz vor Mittag war das Meeting dann endlich zu Ende. Joachim holte hastig sein Telefon hervor, um zu prüfen was er während des Meetings alles verpasst hat. Zwischen einigen Emails und WhatsApp Nachrichten, war kein Popup zu sehen das eine neue Nachricht ankündigt.

Er machte sich sogleich daran, nun Kristina die erste Nachricht zu schreiben:

Montag, 23.11.2020 – 11:46 Uhr

Hey, guten Morgen Kristina.

Danke Dir erstmal für den Match und ich freue mich darauf Deine Bekanntschaft zu machen, genauso wie es in Deinem Profil steht 😊

Ich bin übrigens Achim.

Geheimnisvoll und interessant, mit den Worten würde ich dein Profil beschreiben, weil Du zugegebenermaßen eine unglaubliche Ausstrahlung auf Deinen Bildern, aber leider auch nicht viel geschrieben hasst in Deinem Profil 😊

Eigentlich ist es ganz geschickt nichts, oder nicht viel zu schreiben, da sich der Mann dann etwas einfallen lassen muss, über das übliche „Hi“ hinaus 😊

Ich hätte trotzdem gerne etwas über Deine Wertvorstellungen gelesen, aber so ist es auch extrem spannend. Wie unterschiedlich doch unsere Profile sind. Mein fehlendes Konterfei, bei mir aus beruflichen Gründen, aber eine Geschichte, die ich gerne persönlich erzählen möchte, falls Du das, was ich hier tippe attraktiv findest. Dafür bekommst Du aber vieles in Textform was mir wichtig ist. Ich gehe davon aus, dass Du meinen Text gelesen hast und ich überlege gerade, was Dich daraus angesprochen haben könnte, Dich sozusagen zum Liken gebracht hat.

Willst Du ein bisschen über Dich erzählen, bitte? Ich würde nämlich gerne mehr wissen von dem Menschen hinter diesem Profil und was es war, dass Dich in meinem Profil dazu gebracht hat, auf das 💚 zu drücken?

Ich wünsche Dir jetzt erstmal einen schönen Wochenstart.

Ganz liebe Grüße Achim 🤗

Joachim laß nochmal aufmerksam, was er geschrieben hatte. Nachdem er zufrieden war, drückte er auf „senden“. Der erste Schritt war nun also getan. Ab jetzt hatte er keine ruhige Minute mehr. Gedanken flogen ihm durch den Kopf und rauschten hindurch, wie die Bäume in einer Allee aus einem fahrenden Auto heraus. Wird sie die Nachricht gleich lesen, oder …